Kenema
02.12.-09.12.
11.316 KM

Gab zwar wieder viele Militärkontrollen aber alle sehr freundlich. Die Kommunikation lief immer gleich ab. Officer: What is your mission, ich: Holidays in Sierra Leone, Officer: have small money for the officer, ich, (lächelnd) no sorry, officer: good and safe trip.
Hab dann in einem Dorf gefragt ob ich meinen Kaffee bei ihnen im Schatten trinken darf. Wie immer haben mich alle mit einer Mischung aus Neugierde und Herzlichkeit eingeladen bei ihnen zu sitzen.
Kurze Zeit später eine Kinderschar rund um Mitzi die das mittlerweile sehr gelassen nimmt.
Da ich mich nicht groß auf die Fahrt konzentrieren musste gab's wieder was auf die Ohren. Hab mir in Freetown eine CD der „sierra leone’s refugee all stars“ gekauft. Eine Hörprobe gibt’s hier.
Der Stellplatz,
das SAO Guesthouse bietet einen Stellplatz unter einer Kokospalme mit fast reifen Früchten, Grubentoilette und Eimerdusche.
Wie immer alle super freundlich. Am Abend kam Joseph mit seiner Frau Doris. Der Kontakt wurde von Foday vermittelt. Nach vielen Telefonaten war der Ausflug in den Gola Rainforest organisiert. Als ich ihn fragte wann es ihm passt meinte er wie ich möchte. Joseph arbeitet in einer Krankenhausapotheke und als ich fragte wie er das mit der Arbeit macht sagte er nur, ich bin der Gast und meine Interessen stehen jetzt im Vordergrund. Nach einigen Telefonaten hatte er das auch organisiert.
Gab wieder heftigen Regen in der Nacht, sah von der offenen Schiebetür so aus.
Die Stadt,
obwohl Kenema mit 250 000 Einwohner die zweitgrößte Stadt Sierra Leones ist sieht es hier nicht wirklich wie in einer Großstadt aus. Die Fotos entstanden beim ersten Gassigang rund um das Guesthouse.
Dafür gibt’s hier die inovativste Müllentsorgung Westafrikas. Siehe hier.
04.12.
Die Fahrt zum Gola Rainforest,
Joseph kam pünktlich um 9 Uhr mit einem Freund auf dem Motorrad. Nachdem wir eingekauft hatten fuhren wir zum Büro des Nationalparks, danach gings voller Vorfreude los. Da wusste ich noch nicht was für ein Katastrophentag das werden sollte.
Piste ähnlich wie in Guinea, nur dass es in der Nacht richtig geschüttet hat. Das Problem waren nicht die vielen Wasserdurchfahrten sondern die langen Schlammpassagen die nicht aufgetrocknet waren. Da ich ohne Allrad Schiss hatte stecken zu bleiben bin ich ziemlich durchgerast. Etwa 4 KM vorm Ziel (Großteil der Strecke lag bereits hinter uns) mehrmals aufgesessen und ein komisches Geräusch. Kurz darauf, Getriebe macht wieder Mucken. Aber vor allem, Gaspedal funktionierte nicht mehr weil der Seilzug gerissen war. Ziemlich froh Joseph dabei zu haben der einen Mechaniker rief. Also, wieder mal stundenlanges Warten im Dschungel.
Der Mechaniker kam nach 2 Stunden, hatte den Seilzug schnell repariert und der Ritt ging weiter. Allerdings funktionierte nach wenigen Minuten das Getriebe nicht mehr und der Mechaniker musste nochmal ran. Also Rad ab um nachzusehen.
Wollte die angebotenen Unterlegeplatten für den Wagenheber nicht (hatte ich extra für solche Bodenverhältnisse mit) und sicherte das Auto mit dem Reifen und einem Stein drauf, blöderweise unter dem Tank.
Dann kam er drauf dass ihm ein großer Sechskantschlüssel fehlte. Also zurück mit dem Motorrad nach Kenema, sind hin und zurück knapp 5 Stunden die wir warten mussten. Kurz nachdem er weg war kam was kommen musste, der Wagenheber rutschte ab und das Auto knallte runter. Radaufhängung blieb zwar unbeschädigt wegen der Sicherung mit Rad und Stein, dieser hatte jedoch eine Riesendelle in den Tank geschlagen.
Ich beschlossen, dass es jetzt Zeit für einen ausgedehnten Gassigang war. Bin dann in den Wald eingebogen und hab Bäume markiert um mich nicht zu verirren:).

Dabei hab ich viele von denen gesehen, da hier niemand wohnt geh ich mal davon aus dass die wild wachsen.
Als es dann Stockdunkel war und es noch immer 2 Stunden brauchen würde bis der Mechaniker hier ist wurde mir etwas mulmig. Joseph und sein Freund Jayah nahmen die Situation ziemlich entspannt, hörten laute Musik mit dem Handy und tanzten dazu. Außerdem sind Afrkaner in vieler Hinsicht klüger als wir. Hier werden so Selbstverständlichkeiten wie „warum Energie an Dinge verschwenden die man nicht ändern kann“ oder „ zuerst lösen wir das dringlichste Problem, dann machen wir uns Gedanken wie wir das nächste lösen“ wirklich gelebt.
Die beiden wirkten nicht nur beruhigend sondern auch sehr philosophisch:).
Um 21 Uhr kam der Mechaniker und benutzte diesmal meine Unterlegplatten.
Nach ½ Stunde war klar es ist ein Teil komplett gebrochen dass für die Rückfahrt ersetzt werden muss.
Ist eigentlich eigentlich ein Riesenproblem (Ersatzteilbeschaffung für VW, noch dazu für so ein altes Fahrzeug ist hier unmöglich), aber nach Josephs (weiser) Logik müssen zuerst mal ich, Mitzi und Vorräte (dabei ein 15l Wasserkanister) im dunklen mit Motorräder zur Lodge gebracht werden. Dort würden wir uns um die Sicherheit des Autos kümmern, der Rest am näxten Tag. Dabei waren sie immer noch entspannt, auch als ich meinte es sei unmöglich Mitzi und mich auf dem Motorrad (und dass im dunkeln auf dieser Piste) 4 KM zur Lodge zu fahren.
Und wie das funktioniert hat. Mitzi lag zwischen mir und dem Fahrer quer auf der Sitzbank (ihr wisst wie groß sie ist!), mit der rechten Hand hielt ich mich beim Fahrer und mit der linken hielt ich Mitzi. 4 KM bei dem Gelände können echt lang sein.
Ein absolutes Kompliment an den Fahrer, das war ein Künstler.
Und ein riesiges an Mitzi, die ließ sich nicht nur problemlos raufheben sondern blieb auch die ganze Fahrt ruhig.
Nach 40 Minuten an der Lodge angekommen und einen Guide organisiert der mit dem Motorrad zum Auto fährt und drin schläft um es zu bewachen. Jayah wird sich morgen um den Abtransport des Autos in die Werkstatt und Begleitung der Reparatur kümmern. Joseph organisiert für mich in 2 Tagen die Abholung von der Lodge zu ihm und koordiniert und kommuniziert den Rest. Beide werden sich in den näxten Tagen vor allem um die Lösung meiner Probleme kümmern (obwohl beide einen Job haben) und das macht mich sprachlos.
Aber eigentlich sind das nur 2 Dinge an die er ebenfalls glaubt und die sehr sympathisch sind. Gute Dinge die man tut kommen irgendwann zurück (ohne Religionsfirlefanz), und (an mich gerichtet), manchmal sind Begegnungen und Erlebnisse am Weg zum Ziel genauso wichtig wie dieses.
Damit hat er sowas von Recht. Geh jetzt schlafen und freu mich auf den Wald morgen.
Dann gings auf zu einem Morgengassi. Zuerst war Mitzi etwas verschüchtert und ging eng bei mir. Bald begann sie Zeitung zu lesen, muss eine Menge Gerüche hier geben die interessant für sie sind. Wo sie dauernd drüber markierte weiß ich nicht, Hunde gibt’s hier jedenfalls nicht.
Als wir zurück waren haben wir uns nach dem Frühstück ins nahe gelegenen Dorf aufgemacht.
Ein Guide begleitete uns und erzählte, dass sich die Bewohner über Besuch freuen. Als wir ankamen höflich gefragt ob ich ein paar Fotos machen darf. Nicht nur bejaht, haben mir auch einiges gezeigt und erklärt. War dieses mal auch umgekehrt so, 2 Männer folgten uns, machten zig Fotos von Mitzi und kicherten dabei.
Die Häuser sind aus Holz mit Blechdächern oder Lehm mit Strohdächern.
Ein Mädchen zeigte mir die Küche die sich mehrere Hütten teilten. Meine Befürchtung, dass ich voyeuristisch rüberkomme war schnell zerstreut weil sich das Mädchen sichtlich über mein Interesse freute.
Hauptnahrungsmittel ist Reis den sie selbst anbauen, erstes Foto nach der Ernte. Am zweiten ist er zum trocknen ausgebreitet.
Es gibt hier kein Gemüse dafür die bereits oft gesehenen Bananen (dieses mal Kochbananen) und Kokosnüsse.
Wollte mich um 15 Uhr ganz kurz hinlegen weil ich um 16 Uhr mit dem Guide zur Aussichtsplattform wollte. Bin dann kurz nach 17 Uhr aufgewacht, also nix mit Ausflug. Dafür warteten an die 20 Kinder auf mich, also eigentlich auf Mitzi. Die kamen aus einem Dorf ca 1,5 Stunden Fußweg von hier. Hatte sich rumgesprochen dass hier ein seltsames Tier zu Besuch ist. Scheint sich gelohnt haben, hatten auf jeden Fall richtig Spaß.
Die Guides hatten auch immer weniger Angst vor ihr. Als sie ihr Yams gaben (nach Reis das zweitwichtigste Nahrungsmittel hier) und Mitzi voll drauf abfuhr waren sie ganz aus dem Häuschen. Sie kann sehr süß sein wenn sie im Bettelmodus ist, musste die Guides davon abehalten ihr zuviel zu geben.
War gestern so müde dass mir nicht aufgefallen ist was es hier für eine Geräuschkulisse gibt. Sehr cooler Backgroundsound. Zu Abend gegessen, noch etwas geschrieben und das Konzert genossen.
06.12.
Beim Frühstück entdeckte ich diese Plakate was mir den Ort noch sympathischer machte.

Muss aufpassen dass die Guides Mitzi nicht überfüttern. Eigentlich hatte sie schon Frühstück, Reis bekommt sie bei mir aber auch ab und zu.
Beim Morgengassi hab ich mich etwas mehr ins Dickicht getraut, Mitzi hats gefallen. Die hatte ihre Nase nur noch am Boden.
Dabei haben uns Unmengen von Schmetterlingen begleitet.
Natürlich musste im Wald ein Stock her, am letzten Bild sieht man warum die hier solchen Respekt vor ihr haben.
Die Fotos die Joseph zu Mittag geschickt hat vom abschleppen gestern aber vor allem von der kaputten Antriebswelle waren einigermaßen schockierend. Hab beschlossen den Tag hier trotzdem zu genießen.
Am Nachmittag machten wir einen Ausflug mit dem Guide zu einem anderen Dorf. Er wollte mir auch ihre Landwirtschaft zeigen. Am Weg blieb Mitzi immer mal stehen und leckte sich die Pfote. Der Guide lachte und meinte nur "Black Ants".
Auf den ersten 2 Fotos ist der Kakaosamen zum trocknen ausgelegt, am 3 Foto sieht man die getrockneten Bohnen.
Die Dusche musste ich mir erst erkämpfen. Zum Abendessen gab es frittierte Kochbananen die ich im Dorf geschenkt bekam.
07.12
Werkstatt
Josef schickte mir schon um 6 Uhr eine Nachricht dass er unterwegs ist. War dann auch um halb 9 da, bei der Fahrt nach Kenema merkte ich erst was ich meinem braunweissent4 zugemutet habe.
In der Werkstatt begrüßt mich zuerst ein trauriger Anblick ohne Antriebswelle.
Auch weil beim abschleppen die Abschleppöse komplett verdreht und der rechte Nebelscheinwerfer zertrümmert wurde. Aber vor allem, der linke Außenspiegel hängt traurig runter. Dann also komplett ohne Außenspiegel.
Dann die wirklich schlechte Nachricht, ein Teil davon kann nicht repariert werden. Also woher das Ersatzteil nehmen. Nach einer Stunde kommt der Motorradfahrer mit einer gebrauchten Antriebswell daher, haben die tatsächlich mal einen alten T4 am Rande des Dschungels ausgeschlachtet.
Die Werkstattcrew wirkte zwar engagiert, Ausbildung hat hier aber sicher keiner.
Halle gab es keine. Und weder Hebebühne noch Grube. Alles in allem wirkte es nicht besonders vertrauenserweckend.
Der mit dem Helm hat mich und Mitzi auf der Piste im dunkeln auf dem Motorrad transportiert, dabei trug er die gleichen Schlappen.
Als ich starten wollte, nix. Die Jungs zerlegen den Anlasser und zeigen mir die korrodierten Bürsten, ein paar Wasserfahrten zuviel in den letzten Wochen. Nachdem die ausgetauscht waren gings los. Mit einem komischen Geräusch zwar, haben die Jungs aber mit einer Schweißnaht erklärt (ging ja einiges kaputt) und dass das hält bis D. Mal schauen.
Am Abend kochte Doris für mich vegetarisch. Hab's mir wieder scharf gewünscht, dieses mal war's knapp über der Schmerzgrenze aber extrem lecker. Doris ist eine engagierte Frau die sich beruflich für Mädchen und Frauenschutz einsetzt. Der Job kommt natürlich nicht von der Regierung sondern einer NGO, siehe hier. Sie möchte auch bei der näxten Wahl als Abgeordnete kandidieren. Ich denke es gibt viele engagierte Menschen hier, die Frage ist ob es ohne Korruption möglich ist höhere Ämter zu bekleiden. Ich fürchte nicht.
08.12.
Als ich losfuhr wusste ich noch nicht, dass das der beschissenste Tag der Reise werden würde. Nach 280 KM gab's ein unangenehmes Geräusch, da es nur noch 20 KM bis Bureh waren wollte ich versuchen weiter zu fahren. 7 KM vor Bureh war Schluss, nix geht mehr. Hab schon gespürt dass das ein kapitaler Schaden war, dass Auto musste trotzdem von der Straße.
Hab in Dakar vor 2 Monaten Stefan getroffen und wir hatten lose vereinbart uns in Sierra Leone zu treffen. Er und seine Frau Heike waren tatsächlich an diesem Tag in Bureh. Nachdem ich sie angerufen hatte waren sie in kürzester Zeit da und haben mich abgeschleppt.
Jetzt kommt eine Aktion die nach Slapstick klingt aber leider überhaupt nicht lustig ist. Bin im Dunkeln in eine Grube gefallen und hab mir den großen Zeh geprellt. Schmerz war so heftig dass ich dachte er ist gebrochen. Riesen Bluterguss und fett geschwollen. Wie sich herausstellen sollte war das aber nicht das größte Problem. Dazu eine große Schürfwunde am Schienbein.
Heike wies mich drauf hin, dass meine Schürfwunde im Gegensatz zu zuhause hier ein Problem werden kann, Luftfeuchtigkeit und die Fliegen können zu einer Infektion führen. Also versucht so gut wie möglich zu desinfizieren und die ganze Zeit am Fliegen verjagen.
Das war eine beschissene Nacht, irre Schmerzen und die Karre im Arsch.
09.12
Am Morgen geht Heike mit Mitzi die anstandslos mitgeht.
Stefan begutachtet den Schaden am Vormittag. Beide Antriebswellen und die Getriebeaufhängung waren nur die größten Schäden. Mit einem Wort, der Reiseabbruch stand im Raum. Auto hierlassen, die Kaution für das Carnet nicht rückerstattet bekommen und mit Mitzi zurück fliegen.
Wie bereits so oft hat mich Tamba gerettet. Zu Mittag kam er mit der Information dass er einen Priester in einer nahegelegenen Einrichtung von Don Bosco kennt wo es eine Krankenschwester gibt.
Stefan hat mich dann mit seinem Auto hingefahren. Die gute Nachricht war, dass der Zeh nicht gebrochen ist. Die schlechte, die Schürfwunden hat bereits eine Infektion verursacht. Ich sah mich schon Mitzi Tamba anvertrauen und mich damit abzufinden hier begraben zu werden.
Die superliebe Krankenschwester (die ersetzen hier oft Ärzte) brachte mich in die Hausapotheke und ich hab abgeschnallt. Europäischer Standard, es gibt mit Sicherheit in ganz Sierra Leone keine öffentliche medizinische Einrichtung mit dieser Ausstattung. Nachdem sie mir Antibiotika, Schmerzmittel und anderen Kram gegeben hat behandelte sie meine Wunden und beruhigte mich.
Zusätzlich gibt es eine KFZ Werkstatt die es so in Sierra Leone sicher nicht oft gibt, dazu Mechaniker die von deutschen Mechanikern ausgebildet werden.
Jetzt geht es nur noch darum ob der Schaden reperabel ist bzw. wo ich die Ersatzteile herbekomme.
Ich werde später noch ein paar Zeilen zu Don Bosco schreiben, aber ich fasse zusammen;
Ich schreibe mit Stefan seit 2 Monaten und er war am Tag genau dort wo ich ihn gebraucht habe.
Ich habe mit Don Bosco eine Organisation gefunden die sowohl mich medizinisch versorgt als auch eventuell das Auto reparieren kann.
10.12.
Viel Organisation ob, wann und wie ich das Auto in die Werkstatt stellen kann. Ich bekomme die Info, dass ich's morgen bringen kann und Stefan wird mich ziehen. Mitzi bekommt ein gekürztes Programm weil Stöckchen ins Meer werfen ohne ins Wasser zu können in der Hitze und mit den Schmerzen nicht lange geht. Die restliche Zeit verbringen ich mit Heike und Stefan die nicht nur hilfsbereit sondern auch äußerst angenehme Menschen sind. Stefan ist in der Autobranche und kennt sich gut mit Autos aus, außerdem ist er ein erfahrener Overlander.
Heike ist Sozialpädagogin und hat wie Ich mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gearbeitet. Auch sie hat mit dem Motorrad schon große Touren unternommen.
An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an die beiden!
11.12.
Am Vormittag schleppen wir das Auto in die Werkstatt. In der Zwischenzeit passt wieder Heike auf Mitzi auf.

Da sich an der verletzten Zehe eine riesige Blutblase gebildet hat die pocht und drückt bin ich zur Krankenschwester gegangen. Schwester Anita die gesehen hat dass ich Schiss vorm aufschneiden hab hat mich total lieb beruhigt und versprochen dass sie vorsichtig sein wird. Aufschneiden ging, Wundränder beschneiden hat etwas weh getan ging aber auch. Nachdem sie noch die Wunde am Schienbein neu versorgt hat sagte sie mir dass sie morgen nach der Schicht zu mir kommt um alles neu zu verbinden. In ihrer Freizeit!
Im Laufe des Nachmittags kommen immer wieder Nachrichten dass sie alle Ersatzteile in Freetown an verschiedenen Orten finden. Ein riesen Aufwand aber am Abend haben Sie alles zusammen.
Den restlichen Tag hab ich wieder mit Stefan und Heike verbracht.
Da ich ja sonst im Auto schlafe hat mir Stefan noch ein Zelt und eine Luftmatratze geliehen.
12.12.
Am Vormittag kommt Anita mit dem Motorradtaxi um die Wunden zu versorgen.
Sie ist einer der liebenswertesten Personen die ich hier kennengelernt habe. Sie bleibt noch länger und wir sprechen über den Alltag in Sierra Leone. Anita ist glücklich bei Don Bosco zu arbeiten weil sie dort wesentlich besser verdient als in einem Krankenhaus. Sind trotzdem umgerechnet nur 160€ Im Monat (im Krankenhaus sind es 100€), mit denen sie und ihre Tochter natürlich nicht durchkommt. Sie hat noch Nebenjobs und kommt trotzdem gerade so über die Runden.
Sie hat Geld ausgegeben für das Motortaxi und ich musste ihr dieses und ein bißchen mehr richtig aufdrängen.
Heike muss leider morgen nach Hause fliegen da es einen Notfall in der Familie gibt. Der Flug geht um 5 Uhr morgens und da in der Nacht noch immer Ausgangsperre ist bringt sie Stefan am Nachmittag zum Flughafen und sie muss dort übernachten.
Im Moment sieht es gut aus dass ich meine Verletzungen überlebe:) und die Chance dass das Auto repariert werden kann ist gut.
Ich kann nicht sagen, dass ich mir gewünscht habe diese Erlebnisse zu haben. Andererseits hätte ich einige großartige Menschen nicht kennengelernt und unglaubliche Erfahrungen nicht gemacht.
Am Abend kocht Maria für mich am Strand und danach schreibe ich diese Zeilen.
Don Bosco
Die Einrichtung die ich besucht habe ist spezialisiert auf misshandelte und missbrauchte Kinder. Ich bin mit einem Jugendlichen mitgefahren der erzählt hat, dass er ein Straßenkind in Freetown war und von Don Bosco gerettet wurde. Ich glaube dass hier ein Straßenkind unter diesen Umständen zu sein (Freetown ist die Hölle und sowas wie ein Sozialsystem oder Jugendwohlfahrt gibt es hier nicht) noch ein ganz anderer Schnack ist als bei uns.
Die Einrichtung bietet nicht nur eine Wohnmöglichkeit, Schule und medizinische Versorgung sondern auch Therapie an. Außerdem gibt es Werkstätten wo die Jugendlichen eine top Ausbildung erhalten.
Ich habe ja nicht das beste Verhältnis zu Religion und vor allem der Institution, aber die Leute sind großartig. Und die Priester unterscheiden sich definitiv von denen die ich bei uns kenne. Diese Menschen arbeiten seit über 20 Jahren in Afrika, haben ein unglaublichen Engagement ohne diesen Missionierungsscheiss.
Außerdem sind sie ziemlich locker und witzig. Father Piotr läuft mit Fußballtrikots rum und verbringt viel Freizeit am Strand. Als ich ihn das zweite mal sah hatte er eine Verletzung am Finger vom Basketball spielen. Außerdem ging er mit den Kids so um wie ich es mir von manchen Arbeitskollegen gewünscht hätte.
Und Father Jay der schon etwas älter ist hat voll den Smartphone Tick und fotografiert alles, auch mich zig mal. Dabei lacht er die ganze Zeit.
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